Es war noch besser als ich es mir vorgstellt hatte! Hinter mit liegt eine Woche mit viel Autofahren, viel Essen, relativ wenig Schlaf, vor allem aber voller Staunen und Begeisterung. Insbesondere Norwegen hat so viel zu bieten, dass ich immer noch beeindruckt bin, wie viel wir in nur acht Tagen gesehen haben. Aber schön der Reihe nach:
Blauer Himmel über Schweden
Am Samstagmorgen gings los. Acht Studenten, verteilt auf meinen treuen Fiat Punto und einen gemieteten Renault Irgendwas, brachen auf von Odense Richtung Schweden. Auf dem Weg nach Malmö haben wir schon die 7 Kilometer lange Storebæltsbroen von Fünen nach Seeland und die 7,8 Kilometer lange Öresundbrücke von Kopenhagen nach Malmö überquert. Sieht toll aus bei blauem Himmel vorbei an ruhigem blauem Wasser, kleinen Inselchen und Windrädern, die im Wasser stehen, vorbeizufahren. Das war ja mein erster Schwedenbesuch und es war schon alles so wie man sich das vorstellt, sowohl in Malmö als auch in Göteborg: hübsch, friedlich, viele junge Familien auf den Straßen, viel blau, viel Altstadt - alles ziemlich idyllisch. In Malmö haben wir einen Zwischstopp gemacht, ein wenig die Stadt erkundet und uns die Sonne auf den Bauch scheinen lassen
Am späten Nachmittag gings dann weiter zur Jugendherberge in Göteborg, wo wir dann auch erst nach Einbruch der Dunkelheit ankamen. Das Göteborger Nachtleben haben wir uns lediglich von der Straße angeschaut. Die Schlangen (auf Englisch: snakes) vor den Clubs und Bars waren nicht so besonders einladend und -wer hätts gedacht- ohne auch nur eine Lokalität zu betreten hatten wir eine Menge Spaß auf der Kungsportsavenyn, der touristischen Hauptschlagader Göteborgs. Das war übrigens der einzige Abend, den wir außer Haus verbracht haben, was aber nicht heißen soll, dass wir nicht auf unsere Kosten gekommen wären. In unseren Hostels, Jugenherbergen und Hütten haben wir uns mit Kochen, ein paar guten Tropfen und Wizzard spielen die Abende versüßt. Den Sonntag haben wir dann noch in Göteborg verbracht und während eines ordentlichen Fußmarschs die verschiedenen Eckchen der Stadt angeschaut. Das Viertel 'Haga' hat mir besonders gut gefallen: Pflasterstein-Gassen, viele Cafés und eine gute Gegend zum 'Leute gucken'.
Etwas Altes, etwas Neues in Oslo
Montag früh dann die Weiterreise nach Oslo. Oslo hat schon Hauptstadtflair und etwas weniger diese heimelige Atmosphäre wie z.B. Malmö. Es gibt viele große und prächtige Gebäude wie Museen, Theater, die Universität und natürlich das königliche Schloss. Neben diesen historischen Bauten sind aber auch die modernen Wohngebäude am Hafen echt beeindruckend. Ich verstehe zwar nicht viel von Architektur, aber dass diese Häuser aus den verschiedensten Materialien, in den unterschiedlichsten Formen (ich glaube einfach nur viereckig war keines) und mit zweifelsohne fantastischen Aussichten aus den Penthäusern fast schon an moderne Kunst grenzen, habe auch ich erkannt. Wir waren uns jedenfalls einig, dass wir alle eine Wohnung in so einem Haus haben wollen, und die dazupassenden Boote und Schiffe im Hafen haben wir auch schnell gefunden. Architektonisch ganz stark und dafür berühmt ist auch Oslos Oper. Auf das Dach dieses vieleckigen Gebäudes direkt am Hafen, das -wie ich gerade nachgelesen habe- "einem treibenden Eisberg nachempfunden" sein soll, kann man hochsteigen und hat dabei einen tollen Blick auf die Stadt und das Wasser. Dieses kleine Erlebnis haben wir uns nach Einbruch der Dunkelheit gegönnt. Oslo bei Nacht also auch wieder ein super schöner Anblick!
Ja, Städte sind hübsch. Aber sie werden doch immer wieder übertroffen von der Natur! Und zwar...
Ein Mal quer durchs Wunderland
Zwei Tage haben wir uns Zeit genommen für den 500 Kilometer langen Trip von Oslo nach Bergen. Fantastisch, was für eine Vielfalt man auf diesem vergleichsweise kleinen Raum vorfinden kann. Von Oslo aus ging es gar nicht lang bis man in sehr schwach bevölkerten Gegenden war. Hier war alles noch schön herbstlich grün.
Danach hat sich die Straße immer weiter hoch geschraubt und irgenwann waren wir wirklich im Niemannsland. Die Vegetation wurde karger, die Temperatur fiel und irgendwann oberhalb der Baumgrenze sah es nicht mehr 'typisch norwegisch' aus, sondern eher einsam und verlassen wie in der Prärie.
Ein unterhaltsames Leckerli für uns als Deutsche dann auf etwa halbem Wege beim passieren eines Örtchens, dessen Namen unsere Meinung zu dieser Landschaft perfekt zum Ausdruck brachte.
Es wurde später, dunkler, kälter. Und dann das erste Mal für diese Saison: Schnee
Damit waren wir auch in der richtigen Stimmung für die tolle Unterkunft, die uns für die Nacht erwartete: eine große Hütte im Landhausstil mit viel Holz und Kamin. Unsere liebe französische Mitreisende und emsige Köchin Mélissa hat französische Crèpes gemacht und dazu gabs leckeren Lumumba am Feuer. Welch ein Ausklang für so einen schönen Tag.
Da wir bei Dunkelheit angekommen waren konnten wir die Gegend um die Hütte am Abend nur in groben Zügen erkennen. Umso erfreulicher war am Morgen die Aussicht von unserem Balkon.
Und auch dieser nächste Tag hielt wieder wunderbare Bilder für uns bereit. Unsere Hütte war nur wenige Kilometer vom Eidfjord entfernt und die Fjorde, die sind ja theoretisch der Hauptgrund, warum man überhaupt nach Norwegen kommen sollte. Sobald wir uns auf einer kurvenreichen Straße den Berg herunter gearbeitet hatten, vorbei an felsigen Bergen, Flüssen und Bächen war es aus mit Schnee und der blaue Fjord empfing uns gemeinsam mit sattgrünen Wiesen und der lachenden Sonne. Ein netter Empfang!
Nach Bergen einzufahren war dann leider etwas nervtötend, da die Verkehrsführung dort offenbar gezielt (und mit Erfolg) so schlecht geregelt wird, dass man sich in der Stadt möglichst wenig mit dem Auto fortbewegt. Entschädigt für diese Strapazen wurde ich dann aber spätestens am Abend als mich Steffi, mit der ich in Berlin zusammen gewohnt habe und die zufällig gerade ein Praktikum in Bergen gemacht hat, besucht hat. Juchee :-)
Ein Mix aus Eis- und Schnee-Bergen
Bergen gilt ja gemeinhin als schönste Stadt Norwegens. Allerdings auch als die niederschlagsreichste. Um die Niederschlags-Statistik zu bestätigen hat es also am Donnerstag morgen schön geschneit. So waren wir zwar live beim ersten Schnee des neuen Winters dabei, mussten aber auch die erste Hälfte des Tages mit festzugezogenen Mützen auf der Suche nach wetterfesten Winterschuhen verbringen. Der anscheinend sehr beeindruckende Blick von einem der sieben Berge, die Bergen umgeben, blieb uns bei dieser Wetterlage also leider verwehrt. Immerhin kam aber gegen 16 Uhr noch die Sonne raus und, wenn es auch zu kurz war, haben wir Bergen dann noch von einer sehr schönen Seite kennen gelernt: das Hafenviertel mit dem Fischmarkt, das sogar zum Unesco Weltkulturerbe gehört und Häuser, eines hübscher als das andere - mit süßen Türen, Fenstern, Blumentöpfen und Balkonen, die eindeutig zeigen warum 'Scandinavian Design' so beliebt ist.
Ja, in Bergen hätte ich durchaus noch etwas mehr Zeit verbringen können! Aber so hab ich jedenfalls schon mal einen guten Grund irgendwann wieder hinzufahren und diese schöne Stadt noch etwas mehr auszukosten.
Ein lebhaftes Städtchen und eine lebhafte Geburtstagsfeier
Die unbeständige Wetterlage hat uns dann bezüglich der Weiterreise ein wenig in Verlegenheit gebracht. Südlich von Bergen gibt es weitere tolle Fjorde und einige berühmte Plätze, die zum Wandern einladen. Aber Wandern bei Regen, Glätte, Schneematsch und nicht gerade rosigen Wetterprognosen? Vielleicht nicht die beste Idee. Wir haben uns dann entschieden am Freitag einfach mal nach Stavanger zu fahren, danach in einer Hütte beim Lysefjord zu übernachten und abzuwarten, was das Wetter am Samstag so macht in der Hoffnung vielleicht doch noch den 'Preikestolen' besteigen zu können. Für den Weg dahin mussten wir wieder ein paar Fähren nehmen, was ich einfach immer wieder toll finde.
Stavanger wurde in unserem Lonely Planet als 'eine der lebhaftesten Städte Norwegens' beschrieben - Norwegen muss demnach ganz schön leblos sein. Freiburg oder Mainz sind geradezu kosmopolitisch im Vergleich zu Stavanger mit seinen 120.000 Einwohnern. Ein hübsches Städtchen ist Stavanger aber trotzdem. Besonders angetan hat es mir eine Straße, die wir liebevoll Pippi-Langstrumpf-Gasse getauft haben. Jedes Haus und jedes Schaufenster in dieser Straße war ein neuer kreativer Erguss in bunten Farben, ein Paradies für kleine Mädchen, Kindgebliebene und Buntspechte.
Auch mit unsere Unterkunft hatten wir wieder Glück. Zwei Hütten auf einem Campingplatz mit Seeblick standen uns zur Verfügung um fernab von Handyempfang und Internet in meinen Geburtstag reinzufeiern. Steffi hatte sich spontan entschieden den Tag mit uns zu verbringen und mit uns zur Hütte zu fahren, was schon das erste unerwartete und sehr schöne Geburtsagsgeschenk war. Um zwölf hat mir meine liebe Dänemark-Crew dann mit einem mir zu Ehren umgedichteten Lied eine besonders große Überraschung und Freude bereitet. :-) Danke schöööön an dieser Stelle nochmal!!
Beim Geburtstagskerzen auspusten hatte ich dann nur einen kleinen, bescheidenen Wunsch: "Ich will ja gar nicht viel, aber ich wünsche mir, dass wenigstens ein mal kurz morgen die Sonne raus kommt, wenn wir 600 Meter über dem Lysefjord auf dem Preikestolen stehen."
Der Gipfel
Aufstehen um 8 Uhr war angesagt am Geburtstagsmorgen, schließlich hatten wir großes vor. Es war noch dämmrig, aber man konnte es schon erahnen: irgendwo da hinten war die Sonne.
Bis wir schließlich gefrühstückt und gepackt hatten war sie da. Und sie war gekommen um zu bleiben - den ganzen Tag, ohne Unterbrechung, ohne Wolke am Himmel. Der Rest des Tages war unbeschreiblich, ein Schnee gewordener Traum sozusagen. Die Wanderung zum Preikestolen, einer Felsplattform, die in 600 Meter Höhe über den Fjord hinausragt, steil nach unten abfällt und von der man eine atemberaubende Aussicht hat, ist bei normaler Witterung für 2 Stunden angesetzt. Die Tatsache, dass der Weg aber komplett eingeschneit war, wir teilweise vom Eis glatte Steine erklimmen mussten und wir mit den Füßen in Bächen landeten, weil wir nicht erahnen konnten, was sich unter dem Schnee befindet, hat die Wanderung nicht gerade leichter gemacht. Trotzdem hat es aus genau diesem Grund unglaulich viel Spaß gemacht. Ich habe mich gefühlt wie als Kind, wenn ich mit meiner Familie Wanderungen gemacht habe und damals so motiviert war, dass ich immer den "Wanderführer" (O-Ton Alexandra L. mit etwa 8 Jahren) spielen wollte. Rumklettern, durch den ca 30 cm hohen Schnee stapfen, Eiszapfen-Eis essen - was für ein Spaß! Und die Krönung dann nach ca 2,5 Stunden Fußmarsch: als wir schon dachten es würde einfach kein Ende mehr nehmen hatten wir plötzlich hinter einer Bergkuppe einen Wahnsinnsblick auf den in Schnee gebetteten Lysefjord und den Preikestolen. Wir konnten uns ein paar Freudenschreie nicht verkneifen, so schön war das!
Irgendwann während des Aufenthalts da oben haben es dann aber auch meine Winterstiefel nicht mehr mitgemacht und Wasser und Schnee haben das Leder bis zu meinen Füßen durchdrungen. Ich hatte schon im Kopf wie ich in den blog schreiben würde "ein Geburtstag mit Höhen und Tiefen - sowohl geographisch als auch emotional" und es graute mir ein wenig vor dem Rückweg mit nassen Füßen durch den Schnee. Aber, oh Wunder, die Tiefen kamen nicht! Aus mir bis jetzt immer noch nicht ganz erklärlichem Grund blieben meine Füße warm und der Weg den Berg hinunter hat, so beschwingt wie wir waren, fast noch mehr Spaß gemacht als der Weg den Berg hinauf.
Ihr seht, ich bin immer noch ganz erquickt, wenn ich an diesen fantastischen und absolut besonderen Geburtstag denke. Es war ein Erlebnis, wie ich es nur selten hatte! Alles weitere erzählen Euch die Bilder...
Und die Moral von der Geschicht: Geht nach Norwegen!
Bis bald,
Euer Bergfräulein Alexandra